Corona macht’s möglich: studentische Teilnahme an der 22. Arbeitstagung zur Gesprächsforschung

Text: Marie-Theres Friedl, Auli Klade, Janne Kröger, Sanni Rintala

Bild: Screenshot aus der Tagungswebseite mit dem Titel „22. Arbeitstagung zur Gesprächsforschung Online. Bedeutung in der Interaktion. Mannheim, 24. bis 26. März 2021“

Aufgrund der Coronapandemie werden heutzutage auch wissenschaftliche Konferenzen online veranstaltet. Für Sprachstudierende hat dies die Möglichkeit geboten, an einer ausländischen Konferenz von zu Hause aus teilzunehmen. So konnten Studierende des Kurses Interaktion und Texte der Studienrichtung Deutsch an der Universität Tampere vom 24. bis 26. März 2021 an einer deutschen sprachwissenschaftlichen Konferenz teilnehmen. Die Konferenz wurde vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache veranstaltet und beschäftigte sich mit dem Thema Bedeutung in der Interaktion.

Genauer gesagt war die Konferenz die 22. Arbeitstagung zur Gesprächsforschung. Gesprächsforschung ist eine interdisziplinäre Forschungsrichtung, die sich sowohl für die verbale als auch für die nicht-verbale menschliche Kommunikation interessiert. Zu untersuchende Phänomene sind u.a. Sprache, Intonation, Pausen und Körpersprache. Diese werden oft mithilfe von Videomaterial analysiert.

Inhalte der Tagung

Die Arbeitstagung hatte knapp 400 angemeldeten Teilnehmer*innen, und anwesend waren jeweils 100–170 von ihnen. Die Tagung umfasste etwa dreißig Referate, deren roter Faden der semantische Blickwinkel in die menschliche Interaktion war, u.a.  die Untersuchung der Verdeutlichung, Aushandlung und intersubjektiven Etablierung von Bedeutung. Dieser Aspekt der Interaktion ist in der Vergangenheit in der Gesprächsforschung nicht besonders viel untersucht worden. Die Tagung wurde von Dr. Silke Reineke und Prof. Dr. Arnulf Deppermann aus der Abteilung Pragmatik am Institut für Deutsche Sprache geleitet; letzterwähnter hat die Tagung mit seinem Referat Einführung in das Rahmenthema: Bedeutung in der Interaktion eröffnet.

Ein wiederkehrendes Thema der Referate war der common ground, also das geteilte Wissen der Kommunizierenden. Dieses gemeinsame Wissen wird in einem interaktiven Prozess reguliert. In der Arbeitstagung hat u.a. eine Forschergruppe der Universität Lyon (Elizaveta Chernyshova / Lydia Heiden / Heike Baldauf-Quilliatre) Analyseergebnisse des groundings in Gesellschaftsspielen vorgestellt. Eine Beobachtung bezüglich der unvollständigen Kenntnis der Spielregeln war, dass gespielt wird, als ob alle Teilnehmer die Regeln kennen, bis das Gegenteil deutlich wird. Erst dann wird das gemeinsame Wissen besprochen und justiert, sodass das Spiel weitergehen kann. Wolfgang Kesselheim der Universität Zürich hat seinerseits gezeigt, wie auch nicht-verbale Kommunikation beim grounding eine Rolle spielt.

Ein zweites Thema, das in unserer Deutschgruppe Interesse weckte, waren Okkasionalismen bzw. Gelegenheitsbildungen, die im Referat von Henrike Helmer (IDS Mannheim) behandelt wurden. Okkasionalismen sind Ad-hoc-Wortbildungen, die besonders in der gesprochenen Sprache vorkommen und nicht Teil des Standardlexikons sind. Diese können z.B. durch Wortspiele erzeugt werden.

An der Tagung beteiligte sich in Form eines Referats auch die Lehrerin des Kurses Interaktion und Texte, Maija Hirvonen, die die Zusammenarbeit in Audiodeskriptionsteams untersucht hat. Besonders interessant bei diesen Teams ist die Interaktion zwischen sehenden und blinden Mitarbeiter*innen und die Asymmetrie zwischen ihnen.

Fazit

Aus studentischer Perspektive war die Teilnahme an der Tagung anspruchsvoll, aber lohnend. Wir hatten natürlich nicht das gleiche Vorwissen wie die Profis, für die die Tagung eigentlich veranstaltet wurde. Es war aber eine gute Gelegenheit, sich mit dem wissenschaftlichen Arbeiten bekannt zu machen und die Kreise der Gesprächsforschung etwas kennenzulernen. Wir haben auch viel über den aktuellen Forschungsstand dieses Bereichs gelernt.

Die Veranstaltung ist gut gelungen: offenbar ist die akademische Welt schon so gut daran gewöhnt, im Fernmodus zu arbeiten, dass die Technologie keine großen Probleme mehr verursacht. Es lohnt sich, die momentane Ausnahmezeit zu nutzen, indem man beispielsweise bei Gelegenheit an solchen Veranstaltungen teilnimmt, für die man sonst erst in eine Flugzeugreise auf sich nehmen müsste oder gerade deswegen gar nicht die Chance bekommt, daran teilzunehmen.